Albert Weisgerber war Zeit seines Lebens in besonderer Weise mit München, seiner geliebten Wahlheimat, verbunden. München hatte ihn künstlerisch geprägt und ihm Anerkennung als führendem Vertreter der Moderne gebracht.
Der Absolvent der Münchner Akademie und spätere Mitbegründer und erste Präsident der Neuen Münchner Secession machte vor dem Ersten Weltkrieg nicht nur als Maler Karriere, sondern genoss auch als humoristischer Zeichner der legendären Münchner Wochenschrift Jugend weitreichende Bekanntheit und Wertschätzung.
Weisgerbers elementare künstlerische Begabung wurde früh erkannt und gefördert. Nach einer Lehre als Dekorationsmaler auf der Kreisbaugewerbeschule in Kaiserslautern zog es den jungen Mann 1894 in die bayerische Metropole. Zunächst Schüler an der Münchner Kunstgewerbeschule, schaffte er 1897 den Sprung an die Münchner Akademie, wo er sich neben Künstlern wie Wassily Kandinsky und Paul Klee zu den viel beneideten Schülern des Malerfürsten Franz von Stuck zählen durfte. Weisgerbers studentische Laufbahn an der Akademie, wo er die dunkeltonige Palette von Stuck, aber auch die des Münchner Kreises um Wilhelm Leibl kennen lernte, führte in schnellen Schritten in die vordere Reihe der Avantgarde. Seit 1901, dem Jahr der Beendigung der Akademiezeit, stellte Weisgerber in der Münchner Secession aus und war damit in den Kreis der fortschrittlichen Münchner Kräfte aufgenommen.
Intensiv nahm der junge Mann Anteil am künstlerischen und geistigen Leben der Isar-Stadt. In den einschlägigen Schwabinger Künstlercafés, dem “Café Stephanie”, dem “Café Elite” oder auch dem “Simpl”, pflegte er zahlreiche Kontakte zu Malern, Literaten und Kulturschaffenden der unterschiedlichsten Couleur. Die interessantesten Geister der Zeit zählten zu seinen Freunden und Weggefährten. Von einigen unter ihnen schuf er eindringliche Porträts, wie etwa von seinem ersten Mäzen, dem Kunstsammler Ludwig Prager.
München hatte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Kunststadt einen glanzvollen Aufstieg erlebt. Die Kunstmetropole war zum bedeutendsten Kunstmarkt Deutschlands, wenn nicht gar Europas, geworden. Die Münchner Akademie genoss einen hervorragenden Ruf als eine der berühmtesten Deutschlands. München war „für die künstlerischen Jugend aller Grade zu einer Art von Mekka geworden.“ ¹ Um 1900 beherbergte die Stadt mehr Künstler als Berlin und Wien zusammen.
Die 1892 gegründete Münchner Secession, der Weisgerber zunächst angehörte, stand um 1900 für den Aufbruch der modernen Kunst in Deutschland. Albert Weisgerber galt als ihr großes Nachwuchstalent.
¹ Max Halbe, Jahrhundertwende, Zur Geschichte meines Lebens 1893-1914, 1935. https://www.projekt-gutenberg.org/halbe/jahrhund/chap002.html Zugriff 21.10.2020
© 2024 Albert Weisgerber Stiftung