Selbstbildnis als Unteroffizier, 1905

Maler Albert Weisgerber
Titel Selbstbildnis als Unteroffizier
Datierung 1905
Material und Technik Öl auf Leinwand
Maße 95,5 x 55,3 cm
Signatur rechts unten: AWeisgerber 05.
Objektart Gemälde
Gattung Malerei
Inventarnummer AW 71
Sammlung Albert-Weisgerber-Stiftung, St. Ingbert
Bildnachweis © Bildarchiv Albert-Weisgerber-Stiftung/Foto: Raphael Maaß Rechte vorbehalten

Das Selbstbildnis als Unteroffizier aus dem Jahr 1905 befand sich mehr als hundert Jahre in Privatbesitz, bevor es 2019 durch einen Ankauf der Albert-Weisgerber-Stiftung in die St. Ingberter Sammlung kam.

Weisgerbers erster Mäzen und Freund, der Münchner Kunstsammler Ludwig Prager, hatte das Selbstbildnis schon zu Lebzeiten Albert Weisgerbers wohl direkt aus seinem Atelier erworben. Das vorwiegend dunkeltonige Bildnis zeigt den jungen Künstler als Halbfigur, bekleidet mit einem hochgeschlossenen gegürteten Uniformrock und Mütze in einem Innenraum, an dessen Wand rechts ein Bild zu sehen ist. Es handelt sich wahrscheinlich um Weisgerbers Atelier. Die Rechte in die Seite gestützt, die Linke vorgestreckt, wendet sich der Dargestellte im Dreiviertelprofil mit ernstem und eindringlichem Blick zum Betrachter. Stolz und selbstbewusst präsentiert er sich in betont strenger Positur. 

Weisgerber leistete ab Herbst 1902 als Einjährig-Freiwilliger seinen Militärdienst bei der 10. Kompagnie des 2. Infanterieregimentes „Max Emanuel“ ab. Ohne je ein Gymnasium besucht zu haben, hatte er sich als Absolvent der Kunstakademie den Status eines Akademikers und damit die Berechtigung zum Einjährig-Freiwilligendienst erworben. Als solcher stand ihm gar eine Offizierskarriere offen. Auffallend ist, dass Weisgerber sich erst 1905, also mehr als ein Jahr nach Ableisten seines Einjährigen Dienstes, als Soldat in Uniform malte. Dies stand wohl in Zusammenhang mit einer für ihn wichtigen Begegnung. Im Münchner “Café Stéphanie” hatte er ein Jahr zuvor Bekanntschaft mit seiner späteren Frau Margarete Pohl, einer jungen Malerin aus Prag gemacht, die aus einem wohlhabenden, großbürgerlichen Elternhaus stammte. Ihr Vater war Bankier, die Familie jüdischer Herkunft. Weisgerber hingegen stammte aus einfachen Verhältnissen, einer katholischen Bäcker- und Gastwirtsfamilie in einem kleinen, bäuerlich geprägten Industriestädtchen.

Zu Recht wird angenommen, dass Weisgerber in dem Selbstbildnis als Unteroffizier seinen neu erworbenen sozialen Status und seine gehobene gesellschaftliche Stellung besonders hervorheben wollte. Vermutlich lag ihm daran, bei seiner künftigen Braut und deren Familie Eindruck zu hinterlassen und sich als ihr ebenbürtig zu präsentieren. Seine Verehrung erwies er Margarete Pohl im selben Jahr zudem in dem Gemälde Dame mit Windhund, einem prachtvollen Bildnis, das die Frau aus gutem Hause in der Manier gepflegter Salonmalerei als elegante Erscheinung in Szene setzt. 

Es sollte das letzte Mal sein, dass sich Weisgerber als Soldat malte. Nicht Weisgerbers Rolle als Künstler ist also vordringlich Gegenstand dieses Bildes, sondern sein gesellschaftlicher Stand und sein sozialer Rang in der stark vom Militär geprägten wilhelminischen Gesellschaft.

"Auffallend ist, dass Weisgerber sich erst 1905, also mehr als ein Jahr nach Ableisten seines Einjährigen Dienstes, als Soldat in Uniform malte. Dies stand wohl in Zusammenhang mit einer für ihn wichtigen Begegnung. Im Münchner "Café Stéphanie" hatte er ein Jahr zuvor Bekanntschaft mit seiner späteren Frau Margarete Pohl, einer jungen Malerin aus Prag gemacht, die aus einem wohlhabenden, großbürgerlichen Elternhaus stammte."