Mann im Hemd, 1913

Maler Albert Weisgerber
Titel Mann im Hemd
Datierung 1913
Material und Technik Öl auf Leinwand
Maße 105 x 68 cm
Objektart Gemälde
Gattung Malerei
Inventarnummer AW 28
Sammlung Albert-Weisgerber-Stiftung, St. Ingbert
Bildnachweis © Bildarchiv Albert-Weisgerber-Stiftung/Foto: Jürgen Köhler Rechte vorbehalten

Der bärtige alte Mann stand Albert Weisgerber für mehrere Bilder Modell.

Nur in eine weite Hemdkutte gekleidet steht die abgemagerte Figur mit spindeldürren Beinen vor einem Modellpodest. Solche Podeste kamen an den Akademien beim Aktstudium zur Anwendung. Der zerbrechliche Körper des Mannes ist nach rechts gewendet, der erhobene Kopf im Dreiviertelprofil richtet den Blick flehentlich nach oben. Seine überdimensionierte linke Hand hat er vor sich über die Rechte gelegt. Die übergroßen gefalteten Hände und das dunkle, bärtige Haupt bilden einen Gegensatz zu dem ausgezehrten Leib des Mannes. Er scheint gleichsam von dem Podium auf den Boden hinabgestiegen. Sein zuvor entblößter Körper ist nun durch ein schlichtes Hemd bedeckt. Weisgerber weist ihn vor dem blaugrauen, bleiernen Vorhang im Hintergrund als einen durch Armut und Elend gezeichneten Menschen aus.

Das männliche Modell, das auch von Weisgerbers Schülerinnen an der Damenakademie oft zu Studienzwecken gemalt wurde, ist in ein Monument der Armseligkeit und Verlassenheit verwandelt. Wie in einem gotischen Gewölbe steht der Mann gleich einem Eremiten in all seinem Leid und seiner Verlorenheit vor dem grauen Vorhang. Die Kargheit und Nüchternheit des Innenraums unterstreicht die Einsamkeit und Isolation dieses von der Gesellschaft abgelehnten und bloßgestellten Menschen. Nach Albert Weisgerbers erstem Biographen Wilhelm Hausenstein ist der Mann im Hemd das vielleicht “frömmste Bild, das Weisgerber gemalt hat”. In der Reduktion der bildnerischen Mittel und Konzentration auf das Wesentliche schuf Weisgerber eine Figur von überzeitlicher Gestalt und gelangte zu einer allgemeingültigen Aussage.

"Das männliche Modell, das auch von Weisgerbers Schülerinnen an der Damenakademie oft zu Studienzwecken gemalt wurde, ist in ein Monument der Armseligkeit und Verlassenheit verwandelt. Wie in einem gotischen Gewölbe steht der Mann gleich einem Eremiten in all seinem Leid und seiner Verlorenheit vor dem grauen Vorhang. Die Kargheit und Nüchternheit des Innenraums unterstreicht die Einsamkeit und Isolation dieses von der Gesellschaft abgelehnten und bloßgestellten Menschen."