Jahrmarkt in St. Ingbert (I), 1906

Maler Albert Weisgerber
Titel Jahrmarkt in St. Ingbert (I)
Datierung 1906
Material und Technik Öl auf Leinwand
Maße 85 x 101 cm
Objektart Gemälde
Gattung Malerei
Inventarnummer AW 35
Sammlung Albert-Weisgerber-Stiftung, St. Ingbert
Bildnachweis © Bildarchiv Albert-Weisgerber-Stiftung/Foto: Tom Gundelwein Rechte vorbehalten
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Jahrmarkt in St. Ingbert
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  • Kinderhörspiel - Jahrmarkt in St. Ingbert
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Kinderhörspiel - Jahrmarkt in St. Ingbert
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1906 verließ Weisgerber vorerst Paris. Maßgebliche Impulse für seine Reise in die französische Kunstmetropole hatte der Maler 1905 in Berlin erhalten, wo ihn die französischen Impressionisten nachhaltig beeindruckt hatten. Wie viele Künstler wollte er in der Seine-Metropole, in der er seit Herbst 1905 für mehrere Monate weilte, seine Kenntnisse der französischen Lichtmalerei vor den Werken der großen Franzosen vertiefen.

In Paris gehörte er zu jenen Künstlern, die sich regelmäßig im Café du Dôme trafen, dort miteinander über die neusten Richtungen diskutierten und sich daneben der weltstädtischen Zerstreuung hingaben. In mannigfacher Weise war Weisgerber in Paris mit den modernen Kunstströmungen in Berührung gekommen, hatte sich mit der alten Kunst ebenso auseinandergesetzt wie mit der Avantgarde. Die französische Metropole eröffnete dem Maler neue künstlerische Horizonte. Einfluss gewannen Cézanne, Toulouse-Lautrec, Matisse und auch Manet, von dem 1905 im Pariser Herbstsalon Werke zu sehen waren. 

Die neu gewonnenen Eindrücke nahm er mit auf seinen weiteren Weg. Das Gemälde Jahrmarkt in St. Ingbert entstand auf der Heimreise nach München, auf einer Zwischenstation in seiner saarpfälzischen Heimatstadt. Die impressionistisch gemalte Szenerie spiegelt in der Wahl des Motivs und flüchtigen Malweise seine Pariser Erfahrungen. Fernab des großstädtischen Getriebes suchte er in der Beschaulichkeit des kleinen Städtchens zugleich sich seiner Wurzeln zu vergewissern.  

Die Palette des Malers ist nach der Pariser Zeit sichtbar aufgehellt und hat an Farbkraft gewonnen. Im schrägen Blick von oben – eine im Impressionismus gern gewählte Perspektive, man denke an die Bilder von einem erhöhten Standpunkt auf die Pariser Boulevards – erschließt sich das Straßenleben und Menschentreiben der St. Ingberter Kaiserstraße mit ihren bunten Häuserfassaden und den pastellfarbenen Dächern der Marktbuden in lebhafter malerischer Rhythmik. Nur wenige Pinselzüge genügen, um das Marktgeschehen skizzenhaft zu umreißen. Die durch die Kaiserstraße flanierenden Menschen mit ihren bunten Hüten und schwarzen Kostümen sind in vereinfachenden Formen andeutungsweise wiedergegeben. Dicht an dicht reihen die Menschen sich aneinander, bilden Gruppen oder ziehen einzeln durch die Hauptgeschäftsstraße. Weisgerber schildert das Leben in der Kleinstadt in seinem rhythmischen Gleichklang und seiner beschaulichen Harmonie. Die spontane und aufgelockerte Malweise, die dynamische Pinselführung sowie die aufgehellte Farbpalette veranschaulichen Weisgerbers Zugehörigkeit zum Impressionismus, der hier fast schon expressive Züge annimmt.

Weisgerber malte bei seinen Besuchen in St. Ingbert die gesellschaftlichen Treffpunkte einer ihm vertrauten kleinstädtischen Welt: den Jahrmarkt, das Waldfest, die Fronleichnamsprozession, den Biergarten oder die Waldpredigt.

"Im schrägen Blick von oben – eine im Impressionismus gern gewählte Perspektive, man denke an die Bilder von einem erhöhten Standpunkt auf die Pariser Boulevards - erschließt sich das Straßenleben und Menschentreiben der Sankt Ingberter Kaiserstraße mit ihren bunten Häuserfassaden und den pastellfarbenen Dächern der Marktbuden in lebhafter malerischer Rhythmik."