St. Ingbert

Im Winter 1903/1904 hielt Albert Weisgerber sich für längere Zeit in seiner Heimatstadt auf. Der Besuch in St. Ingbert stand in Zusammenhang mit einem Ereignis, das ihn tief erschütterte. Im November 1903 starb seine geliebte Mutter, an deren Totenbett er in den letzten Stunden weilte. Noch für einige Monate blieb er bei seiner Familie in St. Ingbert. Das Malen und Zeichnen ließ ihn auch hier nicht los. Wohl Ende des Jahres 1903 entwarf er u.a. für das alteingesessene St. Ingberter Tabakgeschäft Bennung das heute noch verwendete Firmensignet. 

Fasziniert von der Lichtmalerei des Impressionismus schuf er im Sommer 1904/1905 eine Reihe von Biergartenbildern. Der Biergarten der St. Ingberter Gastwirtschaft “Grüne Laterne” bot ein ideales Motiv für die Erprobung der Malerei en plein-air unter den natürlichen Bedingungen von Licht und Schatten. St. Ingberter Bekannte saßen dem Maler für die impressionistische Szene unter freiem Himmel Modell. 

Auch nach seinem Pariser Aufenthalt 1905/1906 zog es Weisgerber in das beschauliche Städtchen. Noch unter dem Eindruck der französischen Vorbilder erprobte er an Motiven aus seiner Heimatstadt aufs Neue die impressionistische Gestaltungweise. Es entstanden seine bekannten Gemälde vom St. Ingberter Jahrmarkt und der Prozession. Gerade aus Paris zurückgekehrt, schrieb er am 16. Juni 1906 an die befreundete Familie Saeftel: 

„Des Fronleichnamfestes wegen kam ich hierher, habe flüchtig einige Skizzen gemacht aus denen ich jetzt gern etwas Gutes machen möchte. Und damit hänge ich endgültig an der rauchschwangeren Heimat. Ich miete mich in den Großgärten ein, ganz draußen am Kirchhof und möchte ebenso unbeachtet bleiben wie die Toten dort.“¹

Bis zum Beginn des folgenden Jahres noch malte er nach Pariser Skizzen. 1907 entstand eine zweite Fassung der Fronleichnamsprozession. Immer auf dem Sprung, zog es ihn zurück in die bayrische Metropole. Als Repräsentant der Münchner Avantgarde nahm er eine markante und eigene Position am Übergang vom deutschen Impressionismus zum Expressionismus ein.

¹ Gerhard Sauder, Albert Weisgerber in Briefen und Dokumenten, Blieskastel 2016, S. 94.