Liegender weiblicher Akt, 1910

Maler Albert Weisgerber
Titel Liegender weiblicher Akt
Datierung 1910
Material und Technik Öl auf Leinwand
Maße 78 x 88 cm
Signatur re. u.: AWEISGERBER 10
Objektart Gemälde
Gattung Malerei
Inventarnummer AW 76
Sammlung Albert-Weisgerber-Stiftung, St. Ingbert
Bildnachweis © Bildarchiv Albert-Weisgerber-Stiftung/Foto: Tom Gundelwein Rechte vorbehalten

Weisgerber malte 1910 eine ganze Reihe von Aktdarstellungen. Die junge Frau auf dem Bild stand dem Maler für ein weiteres Gemälde, einen stehenden Akt im Besitz des Saarlandmuseums, Modell.

Die Haltung der Liegenden erscheint entspannt. Mit offenem Blick begegnet die Aktfigur dem Betrachter. Alle Aufmerksamkeit des Malers ist darauf gerichtet, den Reiz des jugendlich-schlanken Körpers der Frau zur Geltung zu bringen. Ihr knabenhafter Körper ruht gänzlich gelöst auf einem weißen Diwan, auf dem eine rosafarbene Decke mit weißen Blumenmotiven dekorativ ausgebreitet ist, ein Motiv, das die sinnliche Wirkung des Bildes zusätzlich unterstreicht. Ihre Füße sind vom unteren Bildrand beschnitten, was der Figur etwas Schwebendes und eine verträumte Leichtigkeit verleiht. Von den schlanken Fesseln über ihre Scham und Brüste gleitet der Blick des Betrachters bis zu ihrem Gesicht. Die kalkulierte Präsentation sinnlich-erotischer Reize bestimmt den Bildeindruck. Sowohl die zarten Farbbrechungen, als auch die aufgehellte Palette und die reiche farbliche Nuancierung zeugen vom Einfluss der Malerei Cézannes, die Weisgerber in Paris stark beeindruckte. 

Im Hintergrund rechts ist zunächst kaum sichtbar die Figur des heiligen Sebastian zu erkennen. Die linke Hand der Frau berührt mit dem Handrücken unmerklich dessen Gestalt, die vor einer weiten Landschaft, die Hände auf den Rücken gebunden, an einem Baumstamm steht. Erst bei näherer Betrachtung wird ersichtlich, dass es sich um ein Gemälde im Atelier des Malers handelt. 

Weisgerber beschäftigte sich zwischen 1909 und 1913 intensiv mit der Figur des heiligen Sebastian, der er eine ganze Serie von Bildern widmete. Der unbekleidete, an einen Baum gefesselte Märtyrer bot bereits den Künstlern der Renaissance in idealer Weise malerisch Anlass zur Aktdarstellung. Insbesondere zwischen 1450 und 1500 bildete sich der Typus des schönen, jugendlichen und (fast) nackten Sebastian aus und erlebte eine Blüte. Damit einhergehend erfuhr seine Darstellung eine weitgehende Erotisierung und Ästhetisierung. Auch Weisgerbers Sebastiandarstellungen stehen in dieser klassischen Tradition.

"Im Hintergrund rechts ist zunächst kaum sichtbar die Figur des heiligen Sebastian zu erkennen. Die linke Hand der Frau berührt mit dem Handrücken unmerklich dessen Gestalt, die vor einer weiten Landschaft, die Hände auf den Rücken gebunden, an einem Baumstamm steht. Erst bei näherer Betrachtung wird ersichtlich, dass es sich um ein Gemälde im Atelier des Malers handelt."