Jeremia vor dem Zug in die babylonische Gefangenschaft, 1912

Maler Albert Weisgerber
Titel Jeremia vor dem Zug in die babylonische Gefangenschaft
Datierung 1912
Material und Technik Öl auf Leinwand
Maße 105 x 135 cm
Objektart Gemälde
Gattung Malerei
Inventarnummer AW 8
Sammlung Albert-Weisgerber-Stiftung, St. Ingbert
Bildnachweis © Bildarchiv Albert-Weisgerber-Stiftung/Foto: Günther Weber Rechte vorbehalten
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Jeremia vor dem Zug in die babylonische Gefangenschaft
  • Jeremia vor dem Zug in die babylonische Gefangenschaft

In der Gestalt des alttestamentarischen Propheten Jeremia, jenem visionären Seher und vergeblichen Mahner eines verblendeten Volkes, fand Weisgerber eine für die Zeit des Expressionismus typische Identifikationsfigur.

Die Vertreibung und Wegführung der Israeliten ins babylonische Exil ist in der vorliegenden Fassung das zentrale Bildthema.

Unter der Last seines göttlichen Auftrags zu Boden gekommen, kniet der Prophet nackt und kahlköpfig im Bildvordergrund. Ein mit Lanze und Schild bewaffneter Chaldäer, der die Siegermacht verkörpert, steht bedrohlich zu seiner Linken. Hinter Jeremia formiert sich eine lange Reihe nackter Menschenleiber. Es ist der Zug der vertriebenen Israeliten, der ins ungewisse Exil aufbricht. Die Spitze des Zuges bildet ein sich umarmendes Menschenpaar, das verzweifelt eine letzte Zuflucht sucht – die letzte Geborgenheit in einer Welt, die alles birgt: neben der Lust den Tod, neben der Freude die Einsamkeit, neben der Hoffnung das Leid, neben der Zärtlichkeit die Gewalt. Es ist ein bitteres Weltbild, in dem ein letztes Mal von Ferne die Vorstellung des alles erfüllenden Paradiesgartens aufleuchtet. 

Ein explosionsartiges Feuer, das als einzige Lichtquelle im Bild aufscheint, wird durch die schwarze Gestalt des Chaldäers verdeckt. Bedrohlich taucht es die gesamte Szenerie in ein unnatürliches, gedämpftes Licht. Eine bleierne, lähmende und bedrückende Stimmung charakterisiert das Bild. In der Anlage der Hell-Dunkelwerte sowie der Drastik der Verbildlichung erinnert die ergreifende Darstellung an die Bildwelten El Grecos. 

"Unter der Last seines göttlichen Auftrags zu Boden gekommen, kniet der Prophet nackt und kahlköpfig im Bildvordergrund. Ein mit Lanze und Schild bewaffneter Chaldäer, der die Siegermacht verkörpert, steht bedrohlich zu seiner Linken. Hinter Jeremia formiert sich eine lange Reihe nackter Menschenleiber. Es ist der Zug der vertriebenen Israeliten, der ins ungewisse Exil aufbricht."